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Scheinwelt
Ich swipe und wische, ich like und swipe und wische und like. Fange an, mich zu vergleichen. Wäre gerne wie „Sie“. Wäre gerne genauso erfolgreich, genauso dünn, genauso groß. Aber eigentlich wäre ich gerne glücklich und denke, dass „Sie“ es hat – dieses Glück.
Ich swipe und wische, ich like und swipe und wische und like. Poste, was ich sehe, was ich denke, was gut aussieht, denn es muss ja nicht Realität sein, die man in meinem Feed sieht. Weil es am Ende gar nicht um mich oder mein Leben geht, sondern um die anderen. Eine Welt, die auf den ersten Blick wie perfekt erscheint.
Meine Finger swipen durch diese Scheinwelt, die mir zeigt, wie leicht es allen fällt, was für mich schwer ist. Die zeigt, wie geil das Leben sein kann. Dabei verliere ich den klaren Blick auf die Realität, da sich die Grenzen zwischen Online- und dem Offline-Leben vermischen. Ich swipe und wische, ich like und swipe und wische und like. Starre täglich auf den Bildschirm, kann meine Augen kaum noch abwenden.
Ich stehe oder sitze dahinter, während ich mich in den unendlichen Weiten der virtuellen Welt verliere. Mit jedem Klick, jedem Swipe und jedem Scrollen lass’ ich mich tiefer in den Strudel ziehen.
Sehe meine Bildschirmzeit und merke, dass diese Scheinwelt mein Leben ganz schön bestimmt. Swipe aber weiter. Fange an, mich zu hinterfragen. Realität oder Scheinwelt? Will ich wirklich so sein wie „Sie“? Oder ist es nur ein Schein?
Ich will glücklich sein. Individuell und anders. Merke, dass ich „Sie“ nicht brauche. Ein Leben, in dem es nicht um mich geht, sondern um die anderen? Nein, danke.
Ich swipe und wische, ich like und swipe und wische und like. Und merke, dass ich „Sie“ nicht brauche. Will selbst bestimmen, wie oder was ich bin. Will mich ausprobieren und keine Scheinwelt konsumieren.
Kolumne
IST FENG SHUI FENG SHIT?
7:30 Uhr, mein Wecker klingelt mich mit einem aggressiven und lautstarkem “Ring Ring” aus meinem unerholsamen vier Stunden Schlaf. Hektisch schrecke ich auf und reiße meine verquollenen Augen weit auf. Wie ein Blitz schießt mir durch den Kopf: Es ist der Tag meines Umzuges – Finally! Vier Wochen habe ich darauf hingefiebert, jeden einzelnen Tag.
Neben Kisten schleppen, Strom und Gas anmelden und der Suche nach dem günstigsten WLAN freue ich mich besonders darauf, mein Zimmer einzurichten. Stunden verbrachte ich in letzter Zeit auf Pinterest, legte Pinboards an, suchte ästhetische Inspirationen und malte mir aus, wie mein Zimmer auszusehen hat. Deshalb habe ich mir auch gleich, ganz Pinterest-like, ein neues hellbraunes Palettenbett bestellt.
In meiner neuen Wohnung angekommen, stand das Bett bereits da. Als es um die Platzierung ging, zeigte ich meiner Freundin ein Pinterest-Bild meiner Room Inspiration – das Bett war dort mittig positioniert, natürlich aus ästhetischen Gründen. Doch dann begann meine Freundin, mir die Feng- Shui-Regeln zu erklären. Das ist ein traditionelles chinesisches Konzept zur harmonischen Raumgestaltung. Und beruht auf jahrhundertealter Erfahrung. Meine Freundin beschreibt es als "Akupunktur für die Räume", bei der das Bett die Nadel ist, die die Lebensenergie, das sogenannte Qi, fließen lässt.
Plötzlich sollte ein Bett etwa 1,5 Meter vom Fenster entfernt stehen, um Nervosität zu vermeiden. Auf der anderen Seite sollte ich das Fenster aber auch nicht aus den Augen verlieren und in der Nähe von einem Spiegel darf es auch unter keinen Umständen stehen. Verwirrt? Gut, das geht mir genauso!
Inmitten von Umzugskartons, Schlafmangel und stundenlangem Kartonschleppen fällt es schwer, sich um “Feng Shui” zu kümmern. Ich schätze zwar, dass meine Freundin möchte, dass ich mich in meiner neuen Umgebung wohlfühle, aber ehrlich gesagt habe ich gerade wenig Energie für Feng-Shui- Feinheiten. Trotzdem folge ich nun Ihrem Feng Shui Plan und lasse Sie mein Bett nach Ihren Regeln hinstellen.
Irgendwas in mir traut sich jetzt doch nicht mehr, das Bett einfach in die Mitte des Raumes zu stellen. Ob diese Regeln meinen Schlaf positiv beeinflussen oder nur Placebo-Effekte sind, weiß ich noch nicht. Trotzdem bin ich gespannt – ist Feng Shui wirklich förderlich oder eher "Feng Shit"? Was denkt ihr?
Glosse - Totally underrated (1)
Bahnfahren à la Deutsche
Heute konzentrieren wir uns auf einen wichtigen Teil der deutschen Alltagserfahrung: die Deutsche Bahn. Ja, Sie haben richtig gehört, die Bahn, die uns immer wieder mit ihrer Fähigkeit, unpünktlich zu sein, in Erstaunen versetzt. Eine lebendige Metapher für die menschliche Geduld.
Die Deutsche Bahn, auch liebevoll als „DB” abgekürzt, hat es sich zur Aufgabe gemacht, dass Verspätungen zur Norm werden und die Fahrgäste, sind ihre willigen Komparsen in diesem Schauspiel der Verzögerungen. Sie ist der Champion im Spiel „Warten auf den Zug". Und wenn er dann endlich eintrifft, ist es fast so, als hätte man einen Jackpot gewonnen - zumindest, wenn man den Jackpot in Stunden zählt.
Schon beim Betreten des Bahnhofs spürt man die Aufregung. Welcher Zug wird heute meine Geduld auf die Probe stellen? Die Anzeigetafeln, wahre Schatzkarten voller Verspätungs- Legenden für Abenteuer. Während andere Verkehrsmittel sich bemühen, pünktlich zu sein, hat die DB einen anderen Ansatz. Sie hat erkannt, dass das Leben viel zu kurz ist, um es in langweiligen Zügen zu verbringen, die tatsächlich planmäßig fahren.
Das ist aber nicht alles – Sie bietet auch eine breite Palette von Entschuldigungen an, verspricht „baldige Weiterfahrt” oder „nur noch wenige Minuten Verzögerung”.
In Wirklichkeit kann „baldige Weiterfahrt” aber bedeuten, dass Sie genug Zeit haben, einen Roman zu schreiben oder sich einem neuen Hobby zu widmen, bevor der Zug endlich weiterfährt.
In einer Welt, in der Pünktlichkeit einen hohen Stellenwert hat, lehrt sie uns, geduldig zu sein. Denn mal ehrlich: Wer braucht schon pünktlich, wenn man ein episches Abenteuer erleben kann? Also genießen Sie das nächste Mal Ihre Fahrt und vergessen Sie die Zeit – schließlich tut die Deutsche Bahn das auch!